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Sturz beim Erholungsspaziergang als Arbeitsunfall anerkannt

 

Ein Sturz während eines Spaziergangs in der Mittagspause kann unter besonderen Umständen auch dann als Arbeitsunfall anerkannt werden, wenn der Versicherte nicht die Absicht hatte, eine Mahlzeit einzunehmen. Das hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Freiburg (SG) mit Urteil vom 16.10.2012 entschieden (Az. S 9 U 4167/11).

 

Das Bundessozialgericht (BSG) hat der Anerkennung von Unfällen auf Spazierwegen in Arbeitspausen als Arbeitsunfall enge Grenzen gesetzt. Der erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Zurücklegen des Weges besteht regelmäßig nur, wenn der Weg der Einnahme oder Beschaffung einer Pausenmahlzeit dient, da dies für die Erhaltung der Arbeitskraft notwendig ist. Versichert sind also z. B. der Weg zu einem Lokal, um dort zu essen, oder zum Bäcker, um ein belegtes Brötchen zum sofortigen Verzehr zu erwerben. Andere Pausenspaziergänge sind dagegen grundsätzlich unversichert. Nur wenn ein solcher Spaziergang aus besonderen betrieblichen Gründen zur Erhaltung der Arbeitskraft erforderlich geworden ist, besteht ausnahmsweise Versicherungsschutz.

 

Ungeklärt war bislang, ob diese „besonderen betrieblichen Gründe“ rein objektiv vorliegen müssen oder auch persönliche Umstände des Versicherten berücksichtigt werden können. Ersteres hat die beklagte Berufsgenossenschaft angenommen und den Glatteissturz einer Versicherten beim Pausenspaziergang nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil sie keine Absicht gehabt habe, etwas zu essen, und keinen objektiv „unerträglichen oder schwer erträglichen“ Arbeitsbedingungen ausgesetzt gewesen sei. Dagegen bejahte das SG besondere betriebliche Umstände: Am Arbeitsplatz herrschte ständig wechselnde Geräuschbelastung, die für gesunde Versicherte nicht unerträglich gewesen sein mag, für die auf ein Hörgerät angewiesene und unter einer krankhaften Geräuschüberempfindlichkeit leidende Klägerin aber besonders belastend war. Besonders habe ihre Konzentration darunter gelitten, die aber für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit im Medikamentenversand zwingende Voraussetzung gewesen sei. Ein geräuscharmer Erholungsort auf dem Betriebsgelände habe nicht zur Verfügung gestanden. Dementsprechend billigte der Arbeitgeber die täglichen Pausenspaziergänge der Klägerin wegen ihrer Hörbehinderung ausdrücklich.

 

(Pressemitteilung vom 19.11.2012)

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